Dreihundertfünfundsechzig und ein Text
Samstag, 3. Oktober 2015
Zweihundertsechsundsiebzig (Häherfeder)

Durchgepaust über die Blattränder
ins scheue Blaue hinein die
Schwungfeder des Hähers

Am Urgrund der Farbe
das Schweigen von Knoten. Ein Wort
brächte die Luft zum Einsturz

Die Höhen kommen nicht mit
nach Hause. Wo schon das Flache
beginnt, steckt noch die Feder
zwischen den Fingern

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Freitag, 2. Oktober 2015
Zweihundertfünfundsiebzig (Überfahrt)

Mitten im Feld
die Wasserbäume
ich sehe sie tauchen
nach den versunkenen Vögeln

Über Brücken aus Kristall
fällt der Morgen ein. Gezeiten
des Hähers schlummern im Laub.
Schilfsäume desertieren zu
den Lagern des Traums.

Eine Erdscholle
zerbricht an den Wolken
ich leihe mir vom Eis
einen Kiesel für die Überfahrt

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Donnerstag, 1. Oktober 2015
Zweihundertvierundsiebzig (Zwielicht)

In Scharen strömen die Winkel
aufwärts zum Feld. Steine halten
Wacht. Wie ein vergeblicher
Zeuge blüht noch der Brombeerstrauch.

Die Bäume bleiben unter sich. Sie schauen
vom Hügel und teilen sich untereinander
einen billigen Schatten.

Der verwachsene Pfad schleift
Hundegebell ins Abseits der Büsche.

Pferdegetrappel verliert sich
in einer verzweifelten Vase
am verwüsteten Tisch, wo
das Fenster zur Nacht hin endet.

Kinder verspäten sich. Man hört sie noch
von fern. Mit dem Grashalm zwischen
den Daumen pfeifen sie
für immer auf den Tod.

Vor dem Abend machen die Wege kehrt.
Mit leeren Händen
kommen die Hecken zum Haus.

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Mittwoch, 30. September 2015
Zweihundertdreiundsiebzig (Spinnen grübeln)

Ein Licht gefiedert wie
das beharrende Grübeln von Spinnen

Der Einfall eines Falters
am Lineal eines Hügelkamms

gemessen. Die Sonne schräg fallend
aus den zwittrigen Hülsen des Felds

Im Auftakt einer
Null ins blaue Innere
des Erstaunens durchgezeichnet

Dem Acker aufs
Jahrbuch gemalt Rabenzeichen

Haut aus Zucker, wo
der Finger ins Gelb
der Kanäle taucht

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Dienstag, 29. September 2015
Zweihundertzweiundsiebzig (post festum tristis)

Ein Keks, angebissen
vom mondförmigen Dunkel

Schlaflos
neben der Spüle
das Brot

Das Paar Schuhe so
ausgelatscht, als wäre
die Nacht Stunden
darin herumgelaufen

Im Atemanhalten des
Fensters werfen die Dinge
ihren Schatten
unermüdlich nach einwärts

Auf dem Küchentisch eine wüste
Ferne von nackten
Gläsern

Im unserem Bett
suchen die Fliegen nach Schlaf.

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Montag, 28. September 2015
Zweihunderteinundsiebzig (Börde mit Schafen)

Löffelweise den Herbst. An Leinen die Wolken. Von andern
     Orten voll liegt der Platz. Während der Mittag noch klemmt,
halten Weiden die Sonne und spinnen das Wasser zu Fernen
     aus. An den Rändern des Winds segeln die Schafe davon.

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Sonntag, 27. September 2015
Zweihundertsiebzig (Villenrücken)

Im Windwinkel hocken
die Glocken
mit dem Gesicht zur
Wand

Festgeschraubt am Wind
Krähenaugen

Vogelbeeren
schlagen die Hecken ans Licht

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Samstag, 26. September 2015
Zweihundertneunundsechzig (Seeufer mit Krähen)

Die Erde hängt an Bäumen wie an Tauen
vom Himmel in den See. Die Spiegel wohnen
an einem fremden Ufer. Dämmrungszonen
verdrehen Schattenblau zum Schein von Pfauen.

Es stützt das Licht sich auf die wasserblauen
Prothesen junger Pfützen. Borkensiegel
vermauern Rätsel alten Sturms. Vom Riegel
entlassen streben Wege fort. In rauhen

Kostümen steckt der Wind, im Fernglas wanken
gelehrte Hügel. Heimweh drückt. Zu kurz
zum Atmen blaut der Raum. Zwei Häher spähen

nach trüben Mehlgewürzen. Was die Kranken
nicht kommen sehn, hält noch die Nacht im Schurz.
Was immer kommt, es wissen schon die Krähen.

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Freitag, 25. September 2015
Zweihundertachtundsechzig (Börde mit Salamander)

Winzig die Wagendächer drüben
am Waldsaum. Die Wegweiser
finden nicht mehr heim.

Verkabelte Wege. Kirchtürme
kratzen mit
Wetterhähnen am Glas

Aus dem Lichtkragen fallen
Häherblicke wie grobes
Salz auf die Flure

Die Ferne trägt blutige
Schmisse unterm Auge. Meilen-
splitter rutschen von den Wegen

Und der Asphalt schiebt
Schnecken und Salamander ins

Offene von Parkbuchten
und Gehörgängen

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Kommentare
Über Straßenbahnfahrten schreiben kann
auch nicht jeder ... (Das heißt. Könnte auch Bus sein.)
Lakritze, vor 9 Jahren
;)
wilhelm peter, vor 9 Jahren
April, April.
Lakritze, vor 9 Jahren
wer weiss
erkennt kalendarische kontexte
wilhelm peter, vor 9 Jahren
Ah, stimmt. Da war
noch eins.
Solminore, vor 9 Jahren
Oh, mehr Baugrubenverse! Schön,
Ihre Distichen.
Lakritze, vor 9 Jahren
grosse gefühle tief gegründet Aus
dem stillen Raume Aus der Erde Grund Hebt sicht wie...
wilhelm peter, vor 9 Jahren
Lesezeichen. Baugrubenlyrik kannte
ich nicht. Mag ich.
Lakritze, vor 9 Jahren
das ist sehr sehr
schön.
don papp, vor 10 Jahren

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