Dreihundertfünfundsechzig und ein Text
Donnerstag, 24. September 2015
Zweihundertsiebenundsechzig (Bördenland, lateinisch)

wie am spieß das licht
an den kastanien

kleine schreie aus
luftspitzengold

fadenscheinig die naht
zu den fernen geöffnet

die länder
wie ein unhandlicher
codex. lateinisches

licht. seit jahrhunderten dieselbe
Seite. die stirn
pflügend durch
zeilen des felds

zuckend die sanften
spinnenmuskeln an der bank
polierte rückseiten der schatten

warten, warten auf
nachricht in egal welcher
sprache. der wind
steckt geheime
umschläge in hecken

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Mittwoch, 23. September 2015
Zweihundertsechsundsechzig (Kieselaugen)

Der Bussard entrollt
mir die Fernen

Ein Weg nimmt meine
Beine in die Hand

Ich lege meine
Stirn zu den hellen
Steinen am Feld

Schaue nach den leichten
Wolken
mit Kieselaugen

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Dienstag, 22. September 2015
Zweihundertfünfundsechzig (Steinuhren)

Grübelnd das Licht vor den Mauern, daß Vögel aus Schatten sich höben.
     Frei von jeglichem Flug fischen die Fenster die Luft.
Wo in den Mauern, am Turm wo, in pfeifenden Schütten und Halden;
     kniend im späteren Wind lernen die Steine die Uhr.

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Montag, 21. September 2015
Zweihundertvierundsechzig (Aequinoctium)

Und widerleuchtend häuten sich die Schlangen,
da über Wege unser Schatten quert.
Die Schneiden lösen sich vom Schwert,
wo Tag sich müht, das Dunkel abzufangen.

Ferndunkles Gehn im Strom. Das Licht von Mäusen
haust am Gebüsch, wo Luft den Knochen zehrt.
Die Asche sich um altes Feuer mehrt.
Am Ufer wimmeln Flaggen in den Reusen.

In deinem Augenspiel ein Flugzeug fährt,
Wir liegen späten Feldern in den Zangen.
Man hört die Tiefe steigen in den Schleusen.

Wir sind schon da, und machen wieder kehrt.
Und ohne uns, wo Lichtertaue krangen,
kommt Abend heim in schimmernden Gehäusen.

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Sonntag, 20. September 2015
Zweihundertdreiundsechzig (Abend am Gleis)

Fort war der Zug. Ein Winken von Astern. Die Finger von Broten
     fielen im Rucksack zu Staub. Karten begruben den Weg.

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Samstag, 19. September 2015
Zweihundertzweiundsechzig (Was traurig ist)

Wie sich das Mühlrad um die Nabe dreht,
um immer neue Flut auf Flut zu gießen;
wie unter Brücken immer neue Wasser fließen,
und immer neuer Wind aus Fernen weht;

wie manchmal Laub auf einer dunklen Stelle liegt,
wie Töne morgens aus dem Radio quellen;
der Tisch sich müht, die Brote aufzuhellen;
kein Fenster weiß, was leerer Himmel wiegt.

Und auch, wie abends manche Schollen dunkeln,
auf fernen Straßen Licht nach Lichtern zählt,
im fremden Haus spät Fernsehschirme funkeln;

dich nicht gekannt zu haben schon vor Jahren;
und daß, wer immer einst ein Photo hält
von dir, von mir, nicht sagen könnte, wer wir waren.

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Freitag, 18. September 2015
Zweihunderteinundsechzig (Zaunwinden)

geschöpft aus dem Vollen
der Farbe Weiß.

zärtlich zur Härte
der strengen Zäune

Becher, die sich selbst
aus Blässe ins
Dasein heben

Gestülpt zur
Innenseite des Lichts

wie ein Kuß, dem
die Lippen abhanden
kamen

Windgestreichelt.
Von Käfern keusch

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Donnerstag, 17. September 2015
Zweihundertsechzig (Kirchtürme)

in ihren Fenstern baumeln
die Glocken an der Ferne

Vögel wählen sie sich
als Balken in der Luft

hängen sich nicht nach
dem Wind

Lichtableiter zum ungeschindelten
Grund

stehen abgerückt
in der Ebene

Stuhlbeine am
geräumten Mittagstisch

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Mittwoch, 16. September 2015
Zweihundertneunundfünfzig (Brache mit Krähen)

Es kommt, wie's kommen muß, von Schlaf die Sprache
nicht mehr. Schon pfeift der Finger in der Flasche,
schon brüllen leere Ohren in die Brache.
Am Feld sind Wolken nächtens angelandet.
Zu Lichtbruch ist der Höhenzug versandet,
vor Wassern schweben Astern wie betrunken.
Wo immer Lot war, rechten nun die Waagen,
die Tage gehen aus. Die Knochen ragen
gleich Notenschriften aus der Haut September.
Wo Licht zu Haus ist, haust es in Spelunken,
da Augenmüdigkeit an blauen Polstern strandet.
Man will mit Küssen fernen Sturm vernähen,
da Lichtherbst an die müden Brauen brandet.
Die Sonne sucht nach Vögeln, findet Krähen.

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Kommentare
Über Straßenbahnfahrten schreiben kann
auch nicht jeder ... (Das heißt. Könnte auch Bus sein.)
Lakritze, vor 9 Jahren
;)
wilhelm peter, vor 9 Jahren
April, April.
Lakritze, vor 9 Jahren
wer weiss
erkennt kalendarische kontexte
wilhelm peter, vor 9 Jahren
Ah, stimmt. Da war
noch eins.
Solminore, vor 9 Jahren
Oh, mehr Baugrubenverse! Schön,
Ihre Distichen.
Lakritze, vor 9 Jahren
grosse gefühle tief gegründet Aus
dem stillen Raume Aus der Erde Grund Hebt sicht wie...
wilhelm peter, vor 9 Jahren
Lesezeichen. Baugrubenlyrik kannte
ich nicht. Mag ich.
Lakritze, vor 9 Jahren
das ist sehr sehr
schön.
don papp, vor 10 Jahren

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