Dreihundertfünfundsechzig und ein Text
Samstag, 1. August 2015
Zweihundertdreizehn (Buchfink, letzter)

Plötzlich war er verstummt, als hätt er den eigenen Namen
     wie ein vergessenes Haus zwischen den Sommern verlegt.
Lauschend im Tag, in den Ohren die Hohlform des Schweigens, aus wirrsten
     Stillen jeglicher Art kennen wir seine heraus.
Als seine Klänge begannen, vergaßen wir eifrig des Schweigens.
     Wann aber Stille beginnt, greift sie zu Klängen zurück.
Wo noch zuletzt seine Stimme, da faßten wir's einzig in Träumen:
     Dreimal wurden wir wach, ehe der Sommer verging.

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Freitag, 31. Juli 2015
Zweihundertzwölf (Große Ferien)

Das Blatt stiehlt
einen Schatten von der Wand

Wo der Morgen noch nicht
hinlangt, denkt sich
der Stuhl die Stirne

Eine Fliege verhungert
an einem Krümel Licht

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Donnerstag, 30. Juli 2015
Zweihundertelf (Esterel)

Die Eidechse döst
hinterm Gatter ihrer Augen

Schatten ziehen sich
in den Mauerspalt zurück

Glitzernde Winde suchen
die fernsten Insel auf.

Auf dem Feld
haben die Steine geschlossen.

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Mittwoch, 29. Juli 2015
Zweihundertzehn (Brunnen)

Wimpern von Licht
am Auge des Brunnens

Die Mädchen schöpfen Sonne in
Weidenkörben

Der Himmel schaut
durch einen blinden Fleck

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Dienstag, 28. Juli 2015
Zweihundertneun (Morgen am Meer)

Geruch von Nacht deine
Augen liegen wie dunkle
Seeschnecken in ihren Häusern

Ich kämme dir
den Schlaf aus den Schuppen du

streckst deine warmen
Küsten ins Licht

deine Achseln treiben in
der Frühe wie
Inseln aus Salz

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Montag, 27. Juli 2015
Zweihundertacht (Ransel, Sturm)

Die Finger suchen Halt im
Wind, wo Vögel ihr Herz an seidene
Faden hängen, kaum hält
der Stiefel am Pfad,
allein die Blicke ankern im
Wolkengrund, während
die Wipfel zu den wirbelnden

Falken fliegen. Die Pferde
halten sich an ihrem Schatten
fest, Zäune haben das Feld
angepflockt. Der Sturm reißt
die Masken vom Hügel herunter, legt

ein brutales Antlitz
frei. Der Zeiger nagelt
den Turm am Himmel fest,
die Dächer fliegen, die Fliegen
suchen Halt
unterm tränenden Lid.

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Sonntag, 26. Juli 2015
Zweihundertsieben (Feldarbeit, früh)

Zum Wind überm Feld
entläßt ein Schatten den Spatz
Luft atmet Falken

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Samstag, 25. Juli 2015
Zweihundertsechs (Abend, Niederheimbach)

Abends mit hängender Zunge hocken die Winde in matten
     Wipfeln. Vor staubigem Durst treibt es die Wege zum Fluß.

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Freitag, 24. Juli 2015
Zweihundertfünf (Weide ohne Ziegen, Waldorf)

Aufgebrochenes Licht. Die Lüfte
hallen wie offne Fenster hinter
grauen Gardinen.

Die Weide wie ein leerer
Orchestergraben voller Pulte. Glöckchen
als Zeichen in der Partitur des Windes, Wildwuchs

von Sonne in Pappeln. An den Zäunen
wuchert das jenseitige
Feld. Blaues Draußen sickert
zwischen den Pfählen ein.

Das Gras aufgeschossen über
geduldigen Dingen, die Mulde
verfüllt mit Schattengiebeln.
Der Wind schmeckt nach Kreide.

Manchmal bewegt sich ein
Schatten am Grund, als suche
er nach euren Hufen. Kein Halt
den Masken am Weidenstamm.

Kiesel, verborgen an der Wurzel von
Halmen, argwöhnisch blinkend
gelb punktiert wie die verwilderten
Augen, als wärt
ihr aus euren Blicken ausgewandert.

Ist es ein Horn, das die Wurzel
nachbildet? Der Stacheldraht
treibt Fellartiges aus.

Ihr versteckt euch hinter euren
Bärten,
das Gras aber wächst und wächst
und streckt sich euren lang
verschwundenen Mäulern nach.

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Kommentare
Über Straßenbahnfahrten schreiben kann
auch nicht jeder ... (Das heißt. Könnte auch Bus sein.)
Lakritze, vor 9 Jahren
;)
wilhelm peter, vor 9 Jahren
April, April.
Lakritze, vor 9 Jahren
wer weiss
erkennt kalendarische kontexte
wilhelm peter, vor 9 Jahren
Ah, stimmt. Da war
noch eins.
Solminore, vor 9 Jahren
Oh, mehr Baugrubenverse! Schön,
Ihre Distichen.
Lakritze, vor 9 Jahren
grosse gefühle tief gegründet Aus
dem stillen Raume Aus der Erde Grund Hebt sicht wie...
wilhelm peter, vor 9 Jahren
Lesezeichen. Baugrubenlyrik kannte
ich nicht. Mag ich.
Lakritze, vor 9 Jahren
das ist sehr sehr
schön.
don papp, vor 10 Jahren

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