Dreihundertfünfundsechzig und ein Text
Donnerstag, 23. Juli 2015
Zweihundertvier (Waschtag)

stolz flattert wäsche
an effizienter Leine
stiehlt licht der rose

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Mittwoch, 22. Juli 2015
Zweihundertdrei (Sackgasse)

Mücken, tanzend, wie Rauch
zu den Ohren der Götter.

Das gefräßige Grün wendet
an der scharfen Marke des Hähers

dessen Schnabel dem Wanderer
den Blick über die Stirne
zieht. Am Grund füllt sich

der Stiefel mit Wackersteinen.
Mondschimmer fällt von der
Blöße der Augen. Sterbende

Taster. Wie Lider über eine übermüdete
Iris stürzt blauer Fichtenschatten
durch die Haut des Lehms.

Im großen Ohr der Nacht wird
die Stille zu Muschelsand

und das Licht gleitet auf Rutschen
lautlos zur Unterwelt.

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Dienstag, 21. Juli 2015
Zweihundertzwei (Dein Gesicht vor Tag)

Die Nacht verrät nicht
die Farbe des Oleanders.

Aber im Dunkel ruhen deine
Augen wie Samenkörner
aus denen Blicke keimen.

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Montag, 20. Juli 2015
Zweihunderteins (Lichtung)

In der frischen Rodung (die Schnitte
noch feucht, noch roh) gekrümmt
das Licht, von Innen blind
wie ein Wurm.
Stümpfe, vorzeitig geendete Blicke,
und der alte Stein,
jetzt liegt er plötzlich

in der Sonne, verkleistert von getöteten Schatten,
schwer zu bewegen und unförmig
wie etwas, das man aus einem tiefen
See gefischt hat.
Das Moos begräbt seine Farbe unter sich
wie trockengefallene Muscheln.
Die Bäume, blank bis unters
Geschlecht, atmen Wachs
durch Schnitte.
Auf einem alten Grenzstein erwacht
im Mittag die Schrift unter Flechtenbrauen.

Ein Rasen von Fliegen, die nicht wissen,
wohin, vernäht mit blitzenden
Fäden die Schreie der Stille.
Und die blanken Scheiben leuchten wie
Opferschalen, auf denen das Licht
geschlachtet wird.

Wundflächen der Sonne, wo das Grün
aus den Schatten blutet. Die Wipfel
über der Schändung krumm, wie im Schmerz
zurückgelegte Häupter, Verdrehte
Blicke, eine Strähne aus Laub
über blutigen Stirnen.

Und langsam heben sich die Vögel
über den Saum der Welt wie die stummen
Seelen von Märtyrern.

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Sonntag, 19. Juli 2015
Zweihundert (Regen im Juli)

Regen. Das schwimmende
Tal faltet sich am Saum
der Reiherschwinge

Fliegende Fische am
Fenster. Im Schrank
hält sich der Sommer
versteckt.

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Samstag, 18. Juli 2015
Hundertneunundneunzig (Beeren)

Ihr wolltet Küsse werden, wurdet Beeren.
Ihr wolltet Häute werden, wurdet Augen,
um rings das Licht in Punkte abzusaugen,
um alles Grün in Süße umzukehren.

In dunklen Saft, in dem das Licht geronnen
und einwärts blickt, gelenkt in jedes Innen,
gerundet, Glanz und Schließung. Wie von Sinnen
und dennoch planvoll, schlicht. Und abgewonnen

dem Chaos allen Wachstums, Ziel und Wollen
und Zwang zu reiner Rundung, selbst im Wuchern
bescheiden, streng. Um noch im süßen Schlucken

ein herber Hauch zu sein, ein bittres Rollen
am hellen Gaumendach, wie von Besuchern
kindlicher Wollust. Keusche Blendung. Zucken.

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Freitag, 17. Juli 2015
Hundertachtundneunzig (Haut, durchlässige, am Morgen)

Leuchtränder um den
liegenden Kelch verschluckte
Vogelstimmen

Rings um feuchte
Nägel gerinnt die Hitze zu
zweifach
träger Vanille

Und die Haut wird
durchlässig für Wolken und
Sternbilder.

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Donnerstag, 16. Juli 2015
Hundertsiebenundneunzig (Hügel)

Die Wipfel der Kiefern
brausende Organe der Luft

am Haltepunkt des Hügels
in der stummen Mitte von
Richtungen

wo der Wind zuhört und
das Ohr fliegen lernt.

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Mittwoch, 15. Juli 2015
Hundersechsundneunzig (Viole)

Still verblaßt, den die Dunkelheit schenkte, der Samt der Viole.
     Sorgsam dem steigenden Licht fühlen die Steine den Puls.

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Kommentare
Über Straßenbahnfahrten schreiben kann
auch nicht jeder ... (Das heißt. Könnte auch Bus sein.)
Lakritze, vor 9 Jahren
;)
wilhelm peter, vor 9 Jahren
April, April.
Lakritze, vor 9 Jahren
wer weiss
erkennt kalendarische kontexte
wilhelm peter, vor 9 Jahren
Ah, stimmt. Da war
noch eins.
Solminore, vor 9 Jahren
Oh, mehr Baugrubenverse! Schön,
Ihre Distichen.
Lakritze, vor 9 Jahren
grosse gefühle tief gegründet Aus
dem stillen Raume Aus der Erde Grund Hebt sicht wie...
wilhelm peter, vor 9 Jahren
Lesezeichen. Baugrubenlyrik kannte
ich nicht. Mag ich.
Lakritze, vor 9 Jahren
das ist sehr sehr
schön.
don papp, vor 10 Jahren

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