Dreihundertfünfundsechzig und ein Text
Dienstag, 14. Juli 2015
Hundertfünfundneunzig (Schatten, deiner)

Die Schatten liegen rum, sie malen Dinge,
sie zerren, beugen, stülpen, geben Zeichen,
wo Lücken im Geleucht den Körpern gleichen,
das meint den Kopf, den Baum, die Vogelschwinge.

Wie wir als Kinder, um der Furcht zu wehren,
mit unsren Händen Schattenbilder malten,
den Gnom, die Fratze, Drachen, Spaßgestalten.
Den eignen Kopf, aus Pappe auszuscheren.

Wirfst du, Geliebte, Schatten, die dich meinen,
strömt mir von jenem Nichts ein Deuten wieder,
als mühten Schatten sich, nach dir zu hallen.

Wo immer Schatten ruht, seh ich den deinen.
So kommst du mir von allen Schatten nieder
die deinen Schatten meinen, wenn sie fallen.

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Montag, 13. Juli 2015
Hundertvierundneunzig (griechische Insel)

Im Auge des Falken
brennt sich
die Sonne einen schwingenden

Pol. Am durstigen
Scheitel des Quercus kommt
das Licht knapp
wieder auf die Füße

ehe der Stein
den Tag zu Kalk
verbrennt. Der Olivenbaum kippt
eine handvoll
Messer in den hohlen
Wind zwischen Inseln

Tapfer stillt am
Abend eine Geranie
dem Felsen das Blut

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Sonntag, 12. Juli 2015
Hundertdreiundneunzig (Bussard)

kreiselnd, kreiselnd
sieht er dem feld
bis auf den dunklen grund

so tief der flug,
daß in seinem schatten
augen aufgehen

am feldrain blitzwach
leuchtet die iris
der hagebutte

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Samstag, 11. Juli 2015
Hundertzweiundneunzig (Rinder, Kirschen, Kinderfäuste)

in einem kreis von
bäumen ruht
der wind wie in warmem
glas.

am uferlosen blick der
kuh fressen
fliegen sich fett.

kabel hängen
die ferne auf spulen.
aus dem auge drängt
die überlast der wolken.
ohne flugzeuge wartet
der nachmittag

auf Küsse. Kirschen, klein und
hart wie kinderfäuste,
plündern den baum.

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Freitag, 10. Juli 2015
Hunderteinundneunzig (Abend im Wald)

Wie Pinsel in schwarze
Farbtöpfe tauchen
die Zweige in Schatten

Tümpel wie Lupen, wo
eine Häherfeder
gebündelt schwebt

Licht auf Stangen gleich
rohen Häuten
in hartem

Kalkschnabel verbrennt
ein fliehendes Auge

zu Ocker und Löß. Eine Wurzel
malt die Dämmerung
aus mit Bachen und
Basilisken

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Donnerstag, 9. Juli 2015
Hundertneunzig (Ohrmal)

Am Morgen, wenn die Tassen leise dampfen,
bin ich noch wund von Schlaf. Die Glocken weinen,
das Licht hängt roh ins Fenster. Wolken treiben.
Ich schau in deine Augen voller Süden.

Doch ist noch Zeit. Du schiebst den weißen Arm
mir unters Haupt. Ich atme, atme Frieden,
hintangehalten alle Tagesstürme.
Wir haben’s gut. Die Glocken schwingen aus.

So liegen wir am Leuchten ferner Türme.
Ich höre deinen Leib, den Strom, das Blut,
und schlafend meine Haut ein Zeichen glüht.

Ein Rund, das du mir lachend zeigen wirst.
So wie aus Muscheln ferne Meere rauschen,
mein Ohr auf deinen Häuten hörend blüht.

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Mittwoch, 8. Juli 2015
Hundertneunundachtzig (Zaunwinde)

Steine kämpfen um
Licht wo

die Zaunwinde
den Schatten strafft.

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Dienstag, 7. Juli 2015
Hundertachtundachtzig (Abend mit Zecken & Hecken)

Abends die Bussardschwinge in
den Fäusten der Luft

Die Hecken schlagen
dem Licht eine Strieme
in den flüchtigen Ärmel

Begeißelte Dämmerungen. Im
Purpur seufzen die Beeren

Kreischende Ähren, wo
Gras und Sonne sich schneiden

Verborgen auf der
Rückseite von Schatten
halten die Zecken durch

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Montag, 6. Juli 2015
Hundertsiebenundachtzig (Windschatten)

Die Schreie der
Möwen
schnäbelvoll
gestohlenes Lakritz so weich

die Tüte aufgesparter Küsse
schwebend
in der salzigen Hand

Sand wiegt leicht
auf der offenen
Schale des Winds

Leewärts bricht sich
eine warme
Brandung aus Licht
in der verlandeten
Achsel des Surfers

Hinter dem blauen
Damm blüht den
Schafen nach die süße
Hundsrose

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Kommentare
Über Straßenbahnfahrten schreiben kann
auch nicht jeder ... (Das heißt. Könnte auch Bus sein.)
Lakritze, vor 9 Jahren
;)
wilhelm peter, vor 9 Jahren
April, April.
Lakritze, vor 9 Jahren
wer weiss
erkennt kalendarische kontexte
wilhelm peter, vor 9 Jahren
Ah, stimmt. Da war
noch eins.
Solminore, vor 9 Jahren
Oh, mehr Baugrubenverse! Schön,
Ihre Distichen.
Lakritze, vor 9 Jahren
grosse gefühle tief gegründet Aus
dem stillen Raume Aus der Erde Grund Hebt sicht wie...
wilhelm peter, vor 9 Jahren
Lesezeichen. Baugrubenlyrik kannte
ich nicht. Mag ich.
Lakritze, vor 9 Jahren
das ist sehr sehr
schön.
don papp, vor 10 Jahren

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