Dreihundertfünfundsechzig und ein Text
Samstag, 28. März 2015
Siebenundachtzig (Liebesende)

Kerzenstümpfe wie bleiche
Schößlinge, zur Unzeit
durchgebrochen aus schwarzen
Tischschollen

ein Sonnenaufgang wirft
alle Schatten durcheinander

in der sauberen Küche. Spiel-
Figuren rollen übers
Brett

nicht mehr zu rekonstruieren
die Aufstellung von gestern

Der letzte Kuß: süß wie ein
angebissener Apfel

Protokolle der Uhr
Schneller als die Sonne
steigt

sinkt der Zapfen
der Pendeluhr

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Freitag, 27. März 2015
Sechsundachtzig (Hyazinthe)

Federstrich der Sonne,
schabend über Eisblüten auf dem Teich.

Langsam findet der Schatten
des Weidenzweigs Halt
im Licht des Morgens.

Feuerknospen gehen auf
in der kahlen Birke.
In den Stimmen der Vögel
erinnern sich Verse
an einen vergessenen Reim.

Die Hayzinthe am Fenster
lehnt den Kopf an die kühle
Scheibe wie ein schlafender Akt.

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Donnerstag, 26. März 2015
Fünfundachtzig (Bahnsteig)

Stirn an Stirn.
Über den
Brillenrand in den Spiegel
deiner Augen.

geblickt. Dann die Augen dort
schließen und

dich küssen.

Mit dem Mund sehen.

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Mittwoch, 25. März 2015
Vierundachtzig (Schlehen, Glocken)

dreiweg am abend
ein kuß unter der schlehe
die glocken leuchten

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Dienstag, 24. März 2015
Dreiundachtzig (Regen)

Regengefäße zerlegen
den Pfad in Prismen.
Durch Tropfenlinsen zuckt
ein Blinzeln durch die
Pfützen, als trüge
der Schlamm dicke
Brillen, der Himmel
verläuft wie Tinte
auf dem Weg.

Glanz von Lack streift
die Bahn des Raben, querab
durch die Schallmauer
der Birken. Ein Specht fängt
leuchtende Farben ab
im FLug.

Wolken rinnen dem Riedgras durch
die Finger. Gereinigt stehen
die Wipfel in der Dämmerung
wie blaue Pinsel
in einem Wasserglas.

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Montag, 23. März 2015
Zweiundachtzig (Rose)

Scheu wie eine
Rose die zum ersten
Male blüht, zeigt sich, die zarten
Gewebe anvertrauend
der rauhen
Luft, halb noch in der feuchten
Knospenhülle verbleibend,
schillernd und leuchtend
von Frische, wie ein Auge
ins Licht blinzelt, rosig,
errötend, sich schämend noch
der Scham, von stärkerem
Ton unterlaufen, bläuliche
Anverwandlung, so fremd
in der Sonne, Innerstes der intimen
Organe nach Außen
gefaltet, im blasigen
Ersterben ein
Kunstwerk an Schlingen,
Häuten, Membranen,
das sich enthüllt und offenbart,
unverletzt aus dem
wie Lippenpaare weichen
zum Kuß zärtlich sich öffnenden
Bauch der Kröte.

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Sonntag, 22. März 2015
Einundachtzig (Kirschblüte)

Fünfstern am Wegrand
im Dämmer des Morgens. Die
Kirsche übt zählen.

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Samstag, 21. März 2015
Achtzig (Aequinoctium veris)

Unter den Sägen stirbt der Schatten im Mittag der Bäume.
    Tief in den Grüften des Tals graben die Bagger nach Licht.

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Freitag, 20. März 2015
Neunundsiebzig (Felsental, Frühling)

Dornen stopfen den Wind in die pfeifenden Klüfte der rohen
    Halden. Zu Quader und Block spalten die Steine das Licht.

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Kommentare
Über Straßenbahnfahrten schreiben kann
auch nicht jeder ... (Das heißt. Könnte auch Bus sein.)
Lakritze, vor 9 Jahren
;)
wilhelm peter, vor 9 Jahren
April, April.
Lakritze, vor 9 Jahren
wer weiss
erkennt kalendarische kontexte
wilhelm peter, vor 9 Jahren
Ah, stimmt. Da war
noch eins.
Solminore, vor 9 Jahren
Oh, mehr Baugrubenverse! Schön,
Ihre Distichen.
Lakritze, vor 9 Jahren
grosse gefühle tief gegründet Aus
dem stillen Raume Aus der Erde Grund Hebt sicht wie...
wilhelm peter, vor 9 Jahren
Lesezeichen. Baugrubenlyrik kannte
ich nicht. Mag ich.
Lakritze, vor 9 Jahren
das ist sehr sehr
schön.
don papp, vor 10 Jahren

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